Spenden für die Menschen ja, aber keine Propaganda!
In München fand am Sonntag eine sogenannte „Benefizveranstaltung für die vom Krieg betroffenen Menschen in Syrien" statt.
Im Flyer stand groß drauf „Hoffnung für Syrien“. Der Flyer ist modern gedruckt, das nicht korrekte Impressum ohne Verantwortlichen und ohne Angabe der Druckerei mag uns nicht interessieren. Auffällig ist, daß in den Layout nicht das Bild der vielschichtigen syrischen Gesellschaft vermittelt wird, alle Frauen tragen Kopftücher, der einzige Mann ist in der Mitte mit den Frauen seiner Familie abgebildet. Nicht daß solche Bilder nicht auch Realitäten in Syrien sind, doch wenn es heißt „Für Syrien“ sollte doch das Bild der tatsächlichen syrischen Gesellschaft vermittelt werden und nicht nur ein Ausschnitt davon.
Als Veranstalter fungiert die Tänzerin Mouna Sabbagh und die Frauen der Gruppe „Syrienreisen“.
Nun denn, auf der Internetseite mouna-sabbagh.de heißt es unter "Hilfe für Aleppo" immerhin, das Geld solle zu 100% den vom Krieg betroffenen Menschen zukommen. Leider wird auch behauptet, das sogenannte „Assad-Regime“ würde ganze Straßenzüge beschießen ohne Rücksicht auf die Menschen zu nehmen, die sich noch in den Häusern befinden.
Wer recherchiert und sich informiert weiß, daß die syrische Armee stets versucht, die Zivilisten aus Kampfzonen zu evakuieren und daß demgegenüber Zivilisten oft als Geiseln der FSA festgehalten werden. Wenn die Spenden tatsächlich ankommen, dann mag mensch mit einseitigen Meinungen noch leben können.
Schlimmer wird es aber, wenn mensch sich die Seite www.orienthelfer.de anschaut, die Spenden sollen an diesen Verein überwiesen werden, wenn mensch eine Spendenquitting will.
Da heißt es z.B.: „Nach dem Massaker von Hula, bei dem über hundert Zivilisten, darunter viele Kinder, ums Leben kann, zeigt sich der syrische Staatschef Baschar-al-Assad weiter unbeirrt …“ So wird suggeriert, daß die syrische Armee für das Massaker verantwortlich sei.
Dabei war das Gegenteil der Fall, es waren Angehörige der FSA.
Mag mensch auch zum Massaker von Hula nicht die Wahrheit kennen oder kennen wollen, aber ganz hört es damit auf:
„Die syrische Armee geht mit brutaler Härte vor und verschont weder Kinder, Alte, noch Babys und Schwangere. Jeder Mensch ist Zielscheibe. Sie werden beschossen und bombardiert“. Ähnliches wird ständig wiederholt:
„Vor einem Jahr wussten viele nicht, wo Syrien liegt. Heute stehen Syriens Städtenamen wie Homs, Haula, Deraa, Hama, Aleppo und Idlib für brutale Gräueltaten des Diktators Assad“.
Das ist einfach billige Hetze. An der FSA und an den klerikal-faschistischen Terroristen und kriminellen Banden unterschiedlichster Art unter den Deckmantel von „Freiheitskämpfern“ in Syrien wird keinerlei Kritik geübt!
Oder der Scheich Scheich Ahmed Aljarba kommt zu Wort, er ist Vorsitzender des sogenannten „Syrian Tribal Councils“, der offen auf eine militärische Intervention des Auslandes setzt.
Werden mit den Spendengeldern womöglich auch Propagandareisen von Scheich Aljarba unterstützt?
Wir hoffen es ist nicht so, aber es wirft zumindest kein gutes Bild auf den Verein „Orienthelfer e.V.“
Wie kann denn Frieden von außen kommen?
Wir hoffen, daß die Spendengelder tatsächlich wenigstens notleidenden Menschen helfen.
Es stellt sich allerdings auch die Frage, wie die Gelder bzw. Güter dort ankommen sollen … Alle Transaktionen
mit syrischen oder auch iranischen Banken fallen unter die EU-Sanktionen. Es ist sogar eine Straftat, wenn mensch sich ein Ticket der Syrian Arab Airlines kaufen würde. Der Iran trotzt recht gut den EU-Sanktionen, der Luftweg Teheran-Damaskus wäre der beste Weg für direkte Hilfe, in Teheran könnten Hilfsgüter organisiert werden.
Sollten die Güter aber über die Türkei ins Land gebracht werden, dann ist zu befürchten, daß sie zumindest indirekt der FSA helfen könnten.
Nichts gegen Hilfe für notleidende Menschen, aber humanitäre Hilfe darf nie parteiisch sein und kämpfende Gruppen dürfen nicht davon profitieren. Auch sollte mit humanitärer Hilfe
keine Politik verfolgt werden.
chl (Meinung aus AnaRKomM)
P.S.: Hier noch eine treffende Kritik zu einer ähnlichen
Kampagne:
http://nocheinparteibuch.wordpress.com/ 2012/ 12/ 12/ betrifft-neuaufguss-einer-alten-spende-fur-den-krieg-kampagne-von-adopt-a-revolution/
Zum Schluß:
Wo liegt die Wahrheit? Lassen wir diesen Bericht, ähnliche gibt es viele, für sich selbst sprechen…
(Quelle: http://apxwn.blogspot.de Beitrag dort am 29.10.12 )
… Das historische Zentrum von Aleppo: im Herzen der Altstadt ist die im 8. Jahrhundert errichtete Ummayyaden-Moschee das wichtigste Heiligtum. Auch jetzt, nach Beginn der formalen Waffenruhe, ist es nicht einfach, dahin zu gelangen. Durch die engen Gassen kommt man nur dicht an den Wänden entlang. Nach gegenüber kommt man nur mit kurzen Sprints maximal zu zweit. Die Kreuzungen werden von Scharfschützen beschossen. Die Einwohner aber bleiben: sie haben sich an die endlosen Schusswechsel gewöhnt, doch jedesmal beschleunigen sie unwillkürlich ihren Schritt.
Die Rebellen haben die Mauern des antiken Gebäudes teilweise zerstört, das Eingangstor ist abgebrannt. Innen wurde alles zerschlagen, das Grab des Propheten Zacharias, des Vaters von Johannes dem Täufer, wurde geplündert; und das Wertvollste - Reliquien - Teile der Kleidung und ein Haar des Propheten Mohammed - wurden gestohlen.
Syrischer Soldat:
Wir haben die Tore mit einer kleinen Einheit gehalten. Sie kamen von hinten, schossen aus Raketenwerfern, durchbrachen die Wände. Von der anderen Strassenseite aus schossen Scharfschützen.
Und Sie reden von Waffenstillstand. Die Rebellen dachten gar nicht daran, mit dem Schießen aufzuhören. Unsere Jungs verteidigten sich bis zum Ende, und vier von denen, die bei der Verteidigung der Moschee umgekommen sind, stammen aus christlichen Familien.
Aus Achtung vor den Traditionen der Moslems hatten auch die Christen unter den Soldaten ihre Schuhe abgelegt, sie kämpften barfuß, trotz der Scherben, Patronenhülsen und Splitter. Die Eltern von Pierre sagen: nie wurde man in Syrien von irgendwem nach Konfessionen eingeteilt. Deswegen kämpfen auch alle gemeinsam für ihr Land.
Hanni Asishaïd, Mutter eines getöteten Soldaten:
Er wurde von Granatsplittern getroffen, ein Kamerad wurde am Bein verletzt. Er trug ihn auf seinen Armen hinaus, wollte selbst aber nicht ins Krankenhaus. Er sagte, er verläßt die Moschee und seine Kameraden nicht. Als er eine Treppe hinaufkam, wurde er von zwei Kugeln getroffen.
Er hat seiner Mutter immer gesagt, sie soll nicht weinen, sondern beten. Zuletzt rief er am Tag vor seinem Tod an. Er war mehr als zwei Monate nicht zu Hause, versprach, am Morgen heimzukomen. Er wollte seine Schwester und die kleine Tochter wiedersehen.
Estel Asishaïd, Schwester des getöteten Soldaten:
Mein Bruder sagte mir immer: bete zuerst für Syrien, dann für mich. Syrien war ihm wichtiger. Ich rief ihn an und sagte, dass ich ihn sehr vermisse. Er sagte: gedulde Dich noch einen Tag. Aber er kehrte nicht zurück.
Vor der Krise hat sich niemand darum gekümmert, wer woran glaubt. Aber in den vergangenen 18 Monaten werden die Menschen beharrlich aus religiösen Motiven gegeneinander aufgehetzt.
Anastasia Popowa:
So haben die Rebellen im Zentrum von Aleppo versucht, ein christliches und ein sunnitisches Stadtviertel voneinander zu trennen. An dieser Strasse entlang verlief eine Art Grenze. Die Anwohner wurden hier festgehalten, wer Widerstand leistete, wurde weggesprengt. Man rief die Armee und es kam zu schweren Kämpfen zwischen Soldaten und Rebellenbanden.
Die Rebellenkämpfer wurden ohne den Einsatz schwerer Technik ausgehoben. In den engen Gassen wäre dafür gar kein Platz. Ein Teil der Rebellen wurde liquidiert, ein anderer floh über Tunnel in benachbarte Stadtviertel.
Atlas Hori, Einwohnerin von Aleppo:
Sie haben versucht, die Tür aufzubrechen und haben das Schloss zerstört. In die Wohnung über uns schossen sie aus einem Granatwerfer. Sie brüllten “Allahu akhbar” und schossen aus MGs. Sie wollten uns verschrecken, aber ich bin Christin und lebe seit 50 Jahren hier - ich gehe nirgendwohin.
Eine griechisch-orthodoxe Kirche, Baujahr 1843. An der Wand die Spuren einer Granatenexplosion. Der Innenhof wurde aus Mörsern beschossen. Eine Granate ist wie durch ein Wunder nicht explodiert, nach dem Treffer einer zweiten wurde das Treppenhaus zerstört.
Mariam Mariet, Ostarier einer orthodoxen Kirche in Aleppo:
Unser Gemeindepriester war im zweiten Geschoss, er fiel, das ganze Gesicht war von Scherben zerschnitten, er lag blutüberströmt da und wurde am Rücken verletzt. Jetzt passe ich auf die Kirche auf. Diese Teufel wollen unsere Gesellschaft spalten, aber wir werden einander trotzdem weiterhin als Brüder betrachten und friedlich miteinander leben.
Sowohl Moscheen als auch Kirchen werden in Syrien nach wie vor mit ein und demselben Wort bezeichnet: als “Tempel”, in denen alle Einlass haben, unabhängig von ihrer Religion. Der Soldat aus unserer Begleitung ist Moslem, er berührt die Ikonen und betet zusammen mit der christlichen Frau - auf seine Weise. Es ist nicht so wichtig, wo und wie man das tut. Hauptsache, der Frieden kehrt nach Syrien zurück ...
Artikel hier erfasst: 20.11.2012
|